Ich habe Fasching schon als Kind nie gemocht. Ich weiß nicht genau, warum, aber als ich letztens mit einer Freundin darüber sprach, waren wir uns beide einig, dass wir uns vor allem an bierduselige Erwachsene erinnern, an juckende Gesichtsschminke, an Karnevalsprinzen und -prinzessinnen (sie kommt aus dem Rheinland), für die man sich als Kind nicht die Bohne interessiert. Jetzt ist meine Tochter fünf. Schon an Weihnachten überlegte sie sich, welches Kostüm sie tragen soll. Dass ich keines tragen wollte, fand sie unbegreiflich.
In ihrem Kindergarten kommen viele Kinder als Elsa verkleidet oder als Einhorn. Die Jungs tragen Hulk-Bodies und Spiderman-Anzüge. Die Erzieherinnen und Erzieher haben mit Hilfe der Eltern ein großes Buffet für die Kinder aufgebaut. Ein Vater kommt als Cowboy. „Ist das kulturelle Aneignung?“ frage ich meinen Partner, der US-Amerikaner ist, nur halb im Scherz. „Ich weiß nicht, wen soll man da fragen,“ meint er, „einen Cowboy?“ Es ist ein schönes Fest und die Kinder haben viel Spaß.
Nachmittags gehen wir auf eine Kinderfaschingsveranstaltung. Den ersten Preis für das beste Kostüm gewinnt ein kleiner Drache. Auch ein Marienkäfer gewinnt, ein Astronaut und ein Papagei. Die Indianerfamilie sollte eigentlich einen Sonderpreis gewinnen, war aber schon nach Hause gegangen. Meine Tochter stürmt gemeinsam mit ihrer Freundin die Tanzfläche und machen bei allen Spielen mit, bei denen man Bonbons gewinnen kann. Den Schaumkuss lässt sie links liegen, er schmeckt ihr nicht. Auch ich und meine Freundin aus dem Rheinland sind auf der Tanzfläche. Irgendwann stellen wir fest, dass es Spaß macht. Der Fasching hat sich verändert, er ist vielleicht ein bisschen kinderfreundlicher geworden, es gibt weniger Zwang, mitmachen zu müssen. Aber die meisten Kinder wollen. Am Schluss stehen wir alle auf der Tanzfläche. Meine Tochter und ich drehen uns im Kreis, bis uns beiden schwindelig wird. „Es ist so ein schöner Tag,“ singen wir beide aus voller Kehle. Stimmt.
Eure
Eva Hoffmann