Auf dem Weg zur Arbeit habe ich kürzlich ein Interview mit einem Pädagogen gehört, der sich vor allem für eine Erziehungsmethode stark machte: Humor. Gemeinsam lachen, so der Pädagoge, entschärft die meisten Situationen, bei denen man mit Strenge und Konsequenz vermutlich sowieso nicht mehr weiterkommen würde. Den Dingen mit Humor begegnen bedeute auch, so hieß es weiter, Kindern darin ein Vorbild zu sein, die Tiefen des Lebens ein wenig leichter zu nehmen und sich auf das Positive zu konzentrieren.
Für mich ergab das sofort Sinn und ich war überrascht, dass ich noch nie zuvor davon gehört habe. Ich habe nicht viele, aber einige Bücher zur Kindererziehung gelesen (das, meiner Meinung nach, beste zur Zeit ist Nora Imlaus Familienkompass) und interessiere mich generell für das Thema. Nach einer kurzen Recherche im Internet stellt sich allerdings heraus, dass es ganze Bücher, Internetforen und sogar Humortraining speziell für Eltern gibt.
Einige dieser Angebote klingen mehr nach erbarmungsloser Selbstoptimierung als nach befreiendem Lachen. Trotzdem finde ich es lohnenswert, sich als Eltern immer wieder daran zu erinnern, dass eine humorvolle Reaktion auf vermeintliches Fehlverhalten der Kinder nicht nur eine mögliche, sondern vielleicht sogar die beste Antwort ist, die wir in dem Moment geben können. Das kann eine große Herausforderung sein. Vor allem da Humor ja bekanntlich ist, wenn man trotzdem lacht. Das heißt, auch dann gelassen zu reagieren, wenn unsere Kinder etwas machen, was an unseren Werten und Glaubenssätzen rührt. Und auch dann, wenn wir schlecht gelaunt, unausgeschlafen und gestresst von der Arbeit sind. Dann entsteht bei mir schnell das Gefühl, „erziehen“ zu müssen—anstatt mit gutem Beispiel voran zu gehen und über etwas zu lachen, das sich in dem Moment vielleicht sowieso nicht mehr ändern lässt.
Unsere Tochter versucht oft, uns zum Lachen zu bringen. Manchmal verstehe ich das nicht und reagiere genervt. Vielleicht, weil sie mich genau in dem Moment kitzelt, in dem ich mich auf etwas konzentrieren möchte. Oder weil sie etwas sagt, was witzig gemeint ist, bei mir aber verletzend ankommt. Wenn sie merkt, dass ihr Versuch nicht geklappt hat, ist sie enttäuscht. Ich glaube, andere zum Lachen zu bringen, ist eine Art für sie, ihre Zuneigung und Liebe zu zeigen.
Kinder lernen Humor von ihren Eltern. Manchmal sind wir dafür schlechte Beispiel. Weil wir zu streng mit uns und mit anderen sind. Weil wir wortwörtlich von unseren Kindern ernst genommen werden wollen, besonders wenn wir das Gefühl haben, uns wird in anderen Lebensbereichen nicht genug Respekt entgegengebracht. Weil wir unsere Grenzen zu spät wahrnehmen und sie anderen noch später, wenn überhaupt, mitteilen.
Es hilft nichts, sich „Humor“ auf die lange Liste der Sachen zu schreiben, die wir glauben, besser machen zu müssen, um zu besseren Menschen und zu besseren Eltern zu werden. Aber es hilft, uns daran zu erinnern, großzügiger zu sein. Zu unseren Kindern. Und zu uns selbst.
Eva Hoffmann