Ginge es nach unseren Müttern und Großmüttern sollten alle unsere Kinder mit etwa 1 Jahr windelfrei sein. Besagte Familienmitglieder lassen hier auch nur selten eine Gelegenheit aus, uns das mitzuteilen. Wann immer ein Windelwechsel ansteht, werden wir kritisch beäugt und es gibt allerhand Erziehungsweisheiten von 1920 zu hören. Früher, ja früher, war alles besser. Da wurden wir Kinder in einer Reihe auf den Topf gesetzt, es gab feste Zeiten und natürlich waren wir alle ganz problemlos trocken. Ja, klar. Offenbar haben wir da aber andere Erinnerungen an diese Zeit, als unsere Eltern. Wir können uns noch gut an Zwang und Schikane erinnern, hatten wir mal nicht wie gewünscht, funktioniert.
Jetzt lasst uns mal eines klarstellen: es ist 2022 und wir handhaben das etwas anders. Bei uns funktioniert das ohne Druck für Eltern und Kind und wir erzählen euch gerne, wie wir das Thema „trocken werden“ angehen.
Unsere Windelrocker beginnen ihr Töpfchentraining etwa mit 1,5 Jahren. Vorher, so haben wir das Gefühl, fehlt ihnen einfach noch die notwendige Kommunikationsmöglichkeit und das Verständnis dafür. Auch organisch können die Kinder in dem Alter ihre Blase kaum wissentlich kontrollieren. Bis es soweit ist sprechen wir unsere Kinder lediglich an, wenn sie merklich gerade in die Windel machen. So verstehen sie schon recht schnell das Gefühl/den Vorgang mit unserer Frage nach der vollen Windel zu verknüpfen. Unsere Kinder konnten so schon recht zeitig Bescheid geben, wenn sie eine frische Pampers brauchten.
Mit 1,5 Jahren also geht es richtig los und es steht plötzlich da: das Töpfi. Ganz unkommentiert, ohne große Vorstellung oder Trara. Neugierig begleiten uns die Kinder ins Bad, wenn wir die Zähne putzen, unter die Dusche springen oder selbst zur Toilette müssen. Alle Eltern kennen es, kein Kind wartet VOR der Tür 😀 Bald schon wird das neue Einrichtungsobjekt entdeckt und vorsichtig inspiziert. Liebe Eltern, eure Kinder sind nicht dumm, instinktiv setzen sie sich irgendwann von selbst darauf. Ihr müsst nicht drängen, quetschen und zwingen oder mit Schokolade und Spielzeug locken. Gebt euch und den Kleinen etwas Zeit.
Wir lassen unsere Kinder hier erstmal in Ruhe. Sie können schauen und probieren und nichts passiert. Irgendwann fangen wir an die Kinder zu loben, wenn sie sich setzen. Seid hier aber nicht zu enthusiastisch und laut. Viele Kinder erschrecken sich bei übermäßig emotionalen Ausbrüchen und bekommen Angst. Das kann eine Ablehnung zur Folge haben.
Ist das Töpfchen erstmal akzeptiert, gehen wir in Phase 2 über. Mit ca. 2,5 – 3 Jahren starten wir mit dem „Training“. Am besten eignen sich die warmen Frühlings- und Sommermonate, in denen man die Kinder viel nackig flitzen lassen kann. Wer einen eigenen Garten oder zumindest keinen Teppichboden im Haus hat ist hier gesegnet. Wann immer unsere Kinder nach einer frischen Windel fragen, führen wir sie anschließend zum Töpfchen. Kurz setzen, warten, loben und fertig. Es muss anfangs nichts ins Töpfi gehen. Feiert die kleinen Erfolge und macht eine Routine daraus. Danach lasst eure Kinder viel ohne Kleidung spielen und sobald ihr merkt euer Kind muss mal, geht es ab ins Bad. Passiert das Malheur auf dem Weg, auf keinen Fall schimpfen. Macht es weg, setzt das Kind auf den Topf und loben, loben, loben. Es braucht hier unserer Meinung nach auch keine Anreize, wie Belohnungen. Auf die Toilette zu gehen ist etwas ganz normales und bedarf keiner Bestechungen. Alle Kinder wollen lernen und groß werden und schaffen irgendwann diesen Schritt von sich aus. Nehmt euer Kind ruhig auch mit, wenn ihr selbst zur Toilette müsst und erklärt ihm alles in Ruhe. Das ist, vor allem beim ersten Kind, natürlich anfangs seltsam einen Zuschauer im Bad zu haben, aber Kinder lernen durch Vorbilder und Nachahmung. Liest Papa immer eine Zeitung auf der Toilette? Dann gebt eurem Kind doch auch ein Pixibuch in die Hand. Mag euer Kind die duftende Seife im Bad so gern? Dann freut euch gemeinsam schon auf das Händewaschen im Anschluss. Das ganze soll und darf Spaß machen und dann klappt das auch mit der Zeit.
Lasst euch bitte auch nicht von der Gesellschaft oder Schwiegermüttern einreden eure Kinder müssten zu einem bestimmten Zeitpunkt windelfrei sein. Bei manchen dauert es länger, andere können es schneller. Beides ist normal und okay. Wenn ihr euch unsicher seid, sprecht eure Kinderärzte darauf an und lasst organische Ursachen abklären, wenn euer Kind schon deutlich älter ist. Niemand fragt später, ob es mit 2 oder 4 Jahren trocken war.
Familie Trautmann